In den 3 Jahren, wo ich in der Schule englisch hatte, war ich nie der Klassenbeste, eher im Gegenteil. Ich hatte in den Neunzigern nicht den Drive fürs Englisch-Lernen.
Als ich mich durch eine Lebenskrise befeuert 2009 auf dem Weg machte, mein Leben zu ändern, stieß ich auf englischsprachige Blogs, deren Inhalt ich kaum verstand. Ich wusste aber, dass ich diese Blogs lesen und verstehen musste, um mein Leben zu ändern.
Also begann ich mit einem Wörterbuch Wort für Wort die Texte zu übersetzen. Eine der ersten Texte war How I Became an Early Riser von Leo Babauta. Interessanterweise schreibe ich diese Worte hier an einem Samstagmorgen um 6:30 Uhr.
Ich las die Blogs und wenn ich ein Wort oder eine Passage nicht verstand, nahm ich mein Wörterbuch zur Hand. Die Online-Übersetzer waren damals noch nicht so gut am Start.
Ich las immer mehr englischsprachige Sachen.
Etwa 5 Jahre nachdem ich das englischsprachige Internet entdeckte, nahm ich Unterrichtsstunden im technischen Englisch und auch Business-Englisch.
Als ich später die Industriemeisterschule besuchte, wurde auch ein Business-Englisch-Kurs angeboten. Dieser Kurs war aber kein typischer Schul-Kurs, er war mehr ein Workshop. Die erste Stunde Theorie, danach haben wir geübt. Wir Teilnehmer saßen in verschiedenen Räumen und telefonierten auf Englisch miteinander. Diese Praxiserfahrung gab mir das Selbstvertrauen, Englisch nicht nur zu lesen oder auf Englisch einen Kommentar zu schreiben, sondern Englisch zu sprechen.
2018 launchte Leo Babauta ein Patreon-Programm. Ich nahm dort teil. Teil des Programms war eine Accountability-gruppe, wo Englisch gesprochen wurde. Ich sprach sehr holprig und sprach viele Wörter falsch aus, aber ich sprach und wurde besser.
Um 2020 herum nahm ich Unterrichtstunden, um mich auf die Prüfung English for Business der britischen Handelskammer LCCI vorzubereiten. Die Prüfung schloss ich erfolgreich ab und habe schriftlich, dass ich das Sprachniveau B1 beherrsche. Heute, 5 Jahre später mit viel wöchentlicher Practice ist mein Level sicher höher.
2020 machte ich mich auf die Suche nach einem Sprachlern-Partner bei Reddit. Mit 2-3 Leuten hatte ich eine Stunde und dann nie wieder, aber mit einem Partner lerne ich heute noch englisch. José lebt in Kanada, ist dort Staatsbürger, kommt aber aus Mexiko.
Der Plan ist, wir unterhalten uns im Video-Call 30 Minuten auf Deutsch, damit er Deutsch lernen kann und eine halbe Stunde englisch, damit ich Englisch lernen kann. Wir unterhalten uns über alle möglichen Themen. Autos, Politik, aktuelle Ereignisse, unser tägliches Leben und viel mehr. Es macht aber immer Spaß.
Gestern bei unserem Call hatte ich erzählt, wie ich über die Jahre immer mehr mein Englisch verbesserte. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich beim Englisch-Lernen viele Ultralearning-Prinzipien bereits unbewusst angewendet habe, bevor das Buch erschien. Viele Prinzipien habe ich intuitiv umgesetzt, was auch für das Buch Ultralearning spricht. Es geht im Buch nicht darum, neue, unpraktikable Techniken zu erfinden, sondern das Buch ist auf Erfahrungen von Leuten gestützt, die erfolgreich gelernt haben.
Welche Ultralearning-Prizipien habe ich ungewollt angewendet?
Beim Prinzip Metalearning stand das Why groß im Vordergrund und beim Prinzip „praxisbezogenes Lernen“ war ich ganz vorne dabei. Das Prinzip Feedback einholen verfolgte ich mit José. Er gab selten direktes Feedback. Manchmal reichte es aber schon, dass er mir sagte „I don’t get you“. Da formulierte ich den Satz um und übersetzte fehlende Vokabeln, was dann positives Feedback ergab.
Die anderen Prinzipien spielten eine untergeordnete Rolle. Ich fokussierte mich beim Englisch-Lernen nie und machte auch keine intensiven Lernsessions. Ich hatte einfach Freude am Austausch in englischer Sprache.